Wenn die Customer Journey zur Irrfahrt wird

KundenzentrierungSales Excellence
Grafik !?!
Foto: DANA ARZANI

Als ich in einem Ansturm von „das kann ich schnell auch noch erledigen“ beherzt die unansehnlich gewordenen Dichtungen unserer Glasdusche abmontierte, um sie rasch auszutauschen, wusste ich nicht, wie mühsam und langwierig das Ganze werden sollte.

In meiner Ahnungslosigkeit entfernte ich auch gleich noch die Dichtungen einer weiteren Dusche. Ob ein Set oder zwei war auch schon egal. Ich bündelte die Dichtungen nach Dusche, holte Kreppband und setzte mich mit den beiden Sets ins Auto.

Erste Station: Fachhandel

Ich fuhr zu einer Glaserei, die bekannt für Glasduschen war. Zugegebenermaßen etwas naiv dachte ich, ich könnte die Leisten abgeben und nach zwei Stunden zugeschnitten wieder abholen. Da hatte ich die Rechnung jedoch ohne die Glaserin gemacht.

Begleitet von dem Geräusch einer Türglocke betrat ich den Laden und ging Richtung Anmeldung. Auf dem Weg dorthin hörte ich eine Frauenstimme rufen: „Frau Schmidt, gehen Sie bitte, ich bin am Telefon.“ „Ja gleich,“ rief besagte Frau Schmidt zurück und erschien nach einigen Minuten hinter dem Tresen der Anmeldung. Ich schilderte ihr mein Anliegen: Dichtungen für zwei Duschen inklusive Zuschnitt.
„Zuschnitt wird aber teuer,“ sagte Frau Schmidt.
„Okay“, sagte ich, „ich brauche den Zuschnitt aber, weil ich die Leisten selbst nicht zuschneiden kann.“ Frau Schmidt wiederholte, dass es teuer werden würde.
“Natürlich bin ich bereit, für den Zuschnitt extra zu bezahlen“, erklärte ich, denn schließlich hatte ich weder Säge noch anderes passendes Werkzeug zuhause. Ich fragte nach dem Preis. Die Dame hinter dem Tresen sah sich die Leisten an und sagte:
„Das sind aber viele Leisten.“
„Das sind Leisten von zwei Duschen. Sehen Sie, jedes Bündel für eine Dusche“, erklärte ich.
„Eine Leiste kostet 70 Euro“, sagte sie.
„Sie meinen, ein Set kostet 70 Euro“, entgegnete ich fragend.
„Nein, eine Leiste. Jede Leiste kostet 70 Euro.“ Frau Schmidt griff suchend zur Preisliste.
Ungläubig und langsam ungeduldig werdend, sagte ich:
„Das kann doch nicht sein. Sie können doch nicht für diese einfachen Leisten 70 Euro pro Stück nehmen? Offensichtlich reden wir aneinander vorbei. Ist ein Kollege da, dem ich mein Anliegen schildern kann?“
Sie: „Nein, da ist niemand. Da müssen Sie jetzt schon mit mir vorlieb nehmen.“
Ich mobilisierte meine letzten Geduldsreserven: „Es ist doch ganz einfach. Zwei Duschen zwei Sets Duschleisten. Hier sind die Muster. Sie sagen mir einfach, was alles zusammen kostet und ob ich es in zwei Stunden abholen kann.“
Sie, total entsetzt: „In zwei Stunden!? Nein, das geht nicht. Unsere Lieferzeit für solche Leisten beträgt eine Woche.“
„Eine Woche!?“ Zermürbt ging ich im Kopf die Alternativen durch, doch im Moment fiel mir nichts Besseres ein. Also sagte ich zähneknirschend:
„Okay, dann warte ich eine Woche. Wie viel kostet es nun?“
Sie sagte prompt: „280 Euro und wenn wir es zuschicken …“
Die zweite Summe hörte ich schon nicht mehr. Ich war schockiert von dieser Kombination aus Inkompetenz und Ignoranz. Meine Geduld war überstrapaziert. Der Preis war absolut astronomisch. Ob mit Mehrwertsteuer oder ohne, war mir auch schon egal. Ich nahm meine Leisten von der Theke und verabschiedete mich:
„280 Euro. Vielen Dank. Dann suche ich weiter. Auf Wiedersehen.“
Plötzlich lenkte die Dame ein: „Gut, warten Sie mal. Ich frage in der Werkstatt nach.“ Sie nahm meine Leisten und ging in die Werkstatt. Für mich war die Sache jedoch eigentlich schon erledigt.
Nach einigen Minuten kam sie zurück mit der Frage: „Haben Sie die Dusche von uns?“
„Nein, ich dachte, weil ich hier in der Gegend zu tun habe, könnte ich einfach die Leisten mitnehmen und die Sache schnell erledigen“, antwortete ich.
Sie: „Deswegen. Wir haben die Leisten nicht.“
Ich: „Okay, dann weiß ich jetzt ja Bescheid. Vielen Dank. Auf Wiedersehen.“
Und dann sah sie mich an und fragte: „Sagen Sie mal, warum sind Sie so unfreundlich? Sie kommen hier rein und benehmen sich wie eine Furie.“
Wie bitte?! Ich war sprachlos, fassungslos und wütend. Alles auf einmal. Ich stieg in mein Auto und wusste nicht, ob ich gerade geträumt oder es wirklich erlebt hatte. Was ich allerdings wusste, war, dass ich immer noch alte Duschleisten im Auto hatte.

Zweiter Station: Internetshop

Zu Hause befragte ich Google. Und siehe da, auf Duschdichtungsprofile.de gab es scheinbar alles, was das Dichtungsherz begehrt. Die Seite war sogar ziemlich gut gemacht. Lieferung per UPS, fünf Tage Lieferzeit, akzeptabler Preis. Soweit so gut. Ich klicke mich durch zahllose Duschdichtungen, musste aber schlussendlich feststellen, dass sowohl eine meiner Leisten nicht vorrätig und auch ein Zuschnitt nicht möglich war. Ich brach den Bestellvorgang ab, kehrte wieder zu Google zurück und suchte doch noch einmal eine „echte“ Glaserei in der Umgebung.

Dritte Station: Fachhandel

Als ich es in den folgenden Tagen endlich schaffte, zu den angegebenen Öffnungszeiten in die zweite Glaserei zu fahren, war ich positiv überrascht. Ich schilderte erneut mein Anliegen und erhielt die Auskunft, dass man alles erledigen könne. Nur heute sei keiner mehr in der Werkstatt, morgen könne man mir Genaueres sagen. Ich hinterließ der Dame meinen Namen, Telefonnummer und die Leisten und bat um Rückruf wegen des Preises und der Lieferzeit.

Der Rückruf kam wie versprochen, doch leider sei eine Leiste nicht vorrätig und auch sonst nicht mehr lieferbar, informierte mich die Glaserei-Dame. Sie fragte ein paar Details ab und sagte sie würde sich um Ersatz kümmern und mich dann zurückrufen. Zwar dauerte es eine Woche bis zum Rückruf, aber sie konnte die Leisten liefern. Urlaubsbedingt vergingen weitere Wochen, doch irgendwann hielt ich tatsächlich niegelnagelneue Duschleisten in der Hand. Man glaubt nicht, wie sehr man sich über Duschleisten freuen kann. Und das für angemessene 76,80 Euro inklusive Zuschnitt und Mehrwertsteuer!

Überglücklich versuchte ich gleich, die Leisten wieder ordnungsgemäß anzubringen. Leider hatte man diese wohl beim Zuschnitt nicht wieder sortiert zusammengepackt. Nach einigen Sortieraktionen hin- und her fand ich heraus, dass einige Leisten fehlten. Darüber hinaus stellte ich fest, dass meine Hände viel zu schwach waren, um diese Duschdichtungen zu montieren. Von mangelnder Begabung und zunehmender Ungeduld mal ganz zu schweigen. Ich rief also noch einmal den Glaser an, der die Profile geliefert hatte. Irgendwas sei wohl beim Zuschnitt schiefgegangen, jedenfalls fehlten Leisten. Überdies bat ich ihn, mir bei der Montage zu helfen. Wir vereinbarten einen Termin.

Als der Monteur kam und sich an die Arbeit machte, sah ich ihm zu, weil ich wissen wollte, mit welchem Trick diese Fachleute die Leisten an die Dusche bekamen. Und immerhin bin ich diesbezüglich jetzt tatsächlich schlauer: Der einzige Trick ist Kraft.

Wie dem auch sei, irgendwann hatte der Monteur die erste Dusche fast geschafft. Allerdings war am Ende ein Teil zu kurz und Ersatz hatte er leider nicht dabei. „Einundzwanzig, zweiundzwanzig, OMMMM …“, sprach es in mir.
Dennoch, auch die zweite Dusche wurde fertig, wenngleich auch hier ein Teil fehlte. Dieses hatte man aber wenigstens dabei. Ergebnis der Prozedur: fast fertig. Und die fehlenden 65,6 cm Duschleiste kriege ich auch noch. Irgendwann.

Als Expertin für erfolgreichen Kundenkontakt habe ich mich bei dieser Geschichte gefragt: Warum strapaziert man den Kunden so?

Lassen Sie uns die Knackpunkte kurz Revue passieren:

Erste Station: Fachhandel

Was ich hier erlebt habe, war eine Kombination aus Inkompetenz und Übergriffigkeit. Eine höchst unprofessionelle Leistung. Am Empfang muss jemand sitzen, der weiß, wovon er spricht, oder zumindest weiß, wer der richtige Ansprechpartner ist.

Zweite Station: Internet

Das Internet hat in diesem Fall von mir nur eine Chance bekommen, weil der Fachhandel so extrem versagt hat. Dass es dann doch nicht geklappt hat, lag weniger am Shop als am Spezialproblem des Kunden. Doch auch auf spezielle Kundenwünsche einzugehen wird für Internetshops in naher Zukunft kein Problem mehr sein. Chat-Sales-Funktionen werden schon heute recht erfolgreich eingesetzt.

Dritte Station: Fachhandel

Der Weg führte nur deshalb zurück zum Fachhandel, weil auch das Internet keine probate Lösung anbieten konnte. Noch! Ansonsten wäre das Kundenproblem innerhalb von fünf Tagen gelöst gewesen und für den Fachhandel höchstens die Montageleistung übrig geblieben.

Die Leistung des zweiten Fachhandels war zwar deutlich professioneller und engagierter als bei der ersten Station. Doch auch hier gab es Lücken. An diesen kann man allerdings arbeiten und sie in überschaubarer Zeit schließen, wenn man denn mag.

Und man sollte mögen, denn die Luft für den Fachhandel wird immer dünner. Ursächlich dafür sind der Fachkräftemangel, steigende Kundenerwartungen und die Kundenbewertungen in den Social Media, die immer nur einen Klick entfernt sind und dazu neigen, sich um so schneller zu verbreiten, je schlechter sie sind.

FAZIT:

Deshalb SPARKELN Sie und sorgen Sie dafür, dass Sie Ihre Kunden begeistern. Wie das geht erfahren Sie zum Beispiel in dem Buch JEDER KUNDE ZÄHLT!

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Autorin: Dana Arzani

Es ist ihre tiefe Überzeugung, dass ein Unternehmen heutzutage nur dann als außergewöhnlich erfolgreich wahrgenommen wird, wenn dies der Kunde in der täglichen Praxis auch so erlebt. Deshalb konzentriert sich Dana Arzani auf die aktive Gestaltung eines exzellenten direkten Kundenkontakts. Über ihre Erlebnisse aus Kundenperspektive schreibt sie regelmäßig Blogartikel und lädt damit zum konsequenten Perspektivwechsel und Neu-Denken ein.

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